Braucht man noch Bibliotheken?
Wofür stehen sie in Zeiten rückläufiger Leselust der Jugendlichen? Wie können sie sich weiterentwickeln? Das wird alljährlich diskutiert beim Bibliotheksleitungstag, online organisiert vom Bibliothekssoftware-Hersteller OCLC.
Bei der Veranstaltung 2023 führte Keynote-Speaker Daniel Jung die Beteiligten in den Bildungssektor. Auf YouTube hat sich Jung als virtueller Mathe-Tutor seit mehr als zehn Jahren einen Namen gemacht und zahlreiche Schülerinnen und Schülern „durch die Mathe-Prüfungen gebracht – unabhängig von finanziellem oder sozialem Hintergrund“. Bibliotheken sollten es ähnlich tun: Sie können eine wichtige Rolle für Bildungsgerechtigkeit übernehmen, als sozialer, vertrauensvoller Ort Lernende und Lehrende zusammenbringen und vertrauenswürdige Inhalte kuratieren.
Bundesweit stünden 45.000 Schulen etwa 8.000 Bibliotheken gegenüber. Beide könnten sich lokal „als analoge Spielwiese“ vernetzen, als öffentliche Einrichtung Medienkompetenz vermitteln und eine Wissenscreator-Community gründen, um nicht nur privatwirtschaftlichen Portale wie YouTube oder Google die Hoheit über Wissensinhalte zu überlassen. Konkret schlug Jung ein Pilotprojekt vor, in dem sich zehn Bibliotheken mit beispielsweise zehn Digital-Tutoren oder analogen Lehrkräften vernetzen und vor Ort in den Bibliotheken – im geschützten, störungsfreien Raum mit technischer Ausstattung – mit Schülerinnen und Schülern Wissen erarbeiten, beispielsweise Videos oder Podcasts produzieren und teilen, eine analoge und digitale Spielwiese für die Lernenden sein. „Denn nie war der Mensch, dem man beim Lernen vertraut, wichtiger für den Bildungserfolg als heute“, bekräftigte Jung in seinem Vortrag. Diese Position sollten Bibliotheken nutzen und aus ihrer Komfortzone in die Bildungswelt hinausgehen.
„Für 38 Prozent der Befragten ist „Wissen aneignen“ der Grund für die YouTube-Nutzung nach „Unterhaltung“ und „Zeitvertreib“.
Daniel Jung zitiert die Studie „Lernen ohne Schule“