Das Wollen und Fordern lernen
… ganz viel, und Freiheit und Gleichheit und Schwesterlichkeit. Aber erst musste ich lernen, das Wollen zu wollen und auszusprechen. Denke ich am Tag nach dem Frauentag.
Mehr als eine Aufforderung und das Wollen Anderer prasselt auf uns Frauen ein: Unser Staat will, dass wir mehr Kinder bekommen. Unser Arbeitgeber will, dass wir schnell in den Job zurückkehren. Unser Partner will, dass wir uns schön machen und mit ihm ausgehen. Unsere Kinder wollen, dass wir mit ihnen spielen. Die Konservativen wollen, dass wir an den Herd zurückgehen. Das Deutsche Jugendinstitut sagt, dass wir unsere Kinder frühzeitig mit Gleichaltrigen umgeben sollen. Die Französinnen und Spanierinnen sagen, wir sollen dankbar für unsere deutsche Elternzeit sein. Karrierefrauen sagen, wir sollen Geld verdienen und uns vom Mann befreien. Unsere Mutter sagt, wir sollen uns um unsere Kinder und den Mann kümmern. Dänische Pädagogen sagen, wir sollen die Kinder nicht so bemuttern. Unser Chef sagt, wir sollen Überstunden machen. Unser Kindergarten sagt, wir sollen unser krankes Kind abholen. Die Schwiegermutter sagt, wir sollen sie von der Reha abholen. Unser Mann sagt, er muss auf Dienstreise. Und dann sagen Frauentag und Equal-Pay-Day-Initiative, wir sollen um gleiche Freiheiten und gleichen Lohn kämpfen.
Die große Frage ist: Was wollen wir? Wollen heißt, Entscheidungen zu fällen, ja zu sagen, aber viel öfter nein zu sagen. Wir haben die Wahl bei der politischen Partei, beim Beruf, beim Partner und beim Standort. Unterschwellig beeinflussen wir damit andere Frauen, unser Umfeld und letzten Endes die Arbeitswelt. Der Fachkräftemangel spielt uns in die Hände. Wir sehen hoffentlich mehr und mehr Frauen auf der „Bühne“, Vorbilder, die ihren eigenen Weg gehen, ihre eigenen Forderungen stellen. Lasst euch davon anstecken. Lernt zu fordern. Die Zeiten sind günstig.